Mathe - gewusst wie, oder wie Lernen gelingt
Anmerkung: Die folgenden Passagen beziehen sich auf das Buch „Jedes Kind kann rechnen lernen – trotz Rechenschwäche/Dyskalkulie“ (Wie Eltern helfen können) von Klaus R. Zimmermann, Weinheim-Basel 2018 (2. Auflage 2020).
Mathe für alle – Herr Zimmermann vertritt in seinem Buch – wie der Titel schon sagt-, die Auffassung, dass jedes Kind rechnen lernen kann. Er erläutert, dass bestimmte Denkschritte beim Erlernen von Mathematik zu durchlaufen und zu verinnerlichen sind. Diese Denkschritte erklärt er sehr ausführlich und führt auch viele Beispiele an. Da diese Denkschritte sehr zentral für die mathematischen Strukturen sind und das Gerüst des Faches darstellen, sind sie die Grundlage jeglicher Beschäftigung mit Mathematik und jegliches Fördern sollte darauf aufbauen. Die folgende Darstellung dieser Denkschritte und Strukturen stellt allerdings meine Interpretation dar, so, wie ich sie beim Lesen des obigen Buches verstanden habe.
Diese Denkschritte sind als Art Treppe zu verstehen, jede Stufe führt zu einem besseren Verständnis mathematischer Zusammenhänge und Aufgabenstellungen. Eine Treppe muss allerdings Schritt-für-Schritt bestiegen werden. Jede Stufe ist unverzichtbar, um Aufgaben einer höheren Stufe zu lösen.
Auf der Seite Bereiche der Diagnose- und Arbeitsblätter liste ich die Bereiche auf, die ich in einzelne Denkschritte für ein erfolgreiches Nachlernen unterteilt habe. Darauf bezieht sich auch das Material im Shop und im Mitgliederbereich (in Planung). Doch nun zurück zu dem Buch und dem Beginn jeglicher Mathematik.
Der Ursprung jeglichen Zählens ist das Zählen, zum Zählen gehören die Zählprinzipien. Diese müssen unbewusst erlernt werden.
- Zählen ist eindeutig, jedem der zu zählenden Gegenstände kann nur ein Zahlwort zugeordnet werden, und zu einem Zahlwort kann nur ein Gegenstand zugeordnet werden.
- Die Reihenfolge der Zahlen ist immer gleich. Jede Anzahl an Gegenständen kann mit Zahlwörtern versehen und gezählt werden.
- Die Anzahl der Gegenstände ist unabhängig von der Reihenfolge, in der sie gezählt werden.
Jegliche mathematische Tätigkeit, auch die erste – das Zählen im Zahlenraum bis 20, muss automatisiert und verinnerlicht sein.
Die ersten Denkschritte sind, dass Verformung die Menge (bzw. den Zahlwert) nicht ändert (später nennt man das Invarianzprinzip) und dass die Umkehrung zum Ausgangspunkt (bzw. zur ursprünglichen Zahl) zurückführt.
- Ganz konkret: 11+12+13= 13+12+11= 36 (Verformung)
- 15+4= 19 → (Umkehrung) 19 – 4= 15 (das ist die Ausgangszahl)
Zudem besitzen die Zahlen verschiedene Aspekte: Grundlegend ist der Ordinalzahl- und Kardinalzahlaspekt:
- Der Ordinalzahlaspekt umfasst die Zählzahl und die Ordnungszahl (z.B. das 3. Haus bzw. Haus Nr. 4),
- während der Kardinalzahlaspekt die Anzahl einer Menge angibt, z.B. es sind 10 Tafeln Schokolade in der Schublade.
Beim Zählen der Zahlen müssen die Zähltechniken und vollständiges Zählen und Weiterzählen geübt werden, sollten dann aber durch eigentliches Rechnen (im Kopf) ersetzt werden. Übungen zur Anzahlerfassung führen dahin, beginnend mit der Anzahlerfassung bis 6 und dann bis 10. Daran schließt sich das Ein-Plus-eins an, welches alle Additionen und Subtraktionen im Zahlenraum bis 20 mit den Zehnerübergängen beinhaltet. Die Zehnerübergänge werden mit einem Teilschrittverfahren trainiert (S. 69 −79; detaillierte Erklärungen und Einzelschritte).
Eine Übersicht (Eins-Plus-Eins der Zehnerübergänge)
- Addition
- a) aller Zerlegungen der Zahlen bis 10
- b) alle Ergänzungen der Zahlen bis 10
- c) die Additionen zur 10 bis 20
- Subtraktion
- a) alle Subtraktionen von der 10
- b) alle Reduktionen von 20 bis zur 10 (von 13 bis 10, von 17 bis 10,….)
- c) die Subtraktionen insgesamt (13ͨ−7 setzt sich zusammen aus 13 −10 und 10 −7)
Ist das Rechnen im Zahlenraum bis 20 automatisiert, schließt sich die Behandlung des Zahlenraums bis 100 an. Diese beginnt mit der Zehnerbündelung und unserem Stellenwertsystem. Jede Ziffer hat entsprechend ihrer Stelle einen Wert. Die Sprech- und Schreibweisen der Zahlen müssen automatisiert sein.
Daran schließt sich die Behandlung des kleinen Ein-mal-Eins an, dabei sollte die . Die Umkehrung die Division mitgelernt werden.
Das Verständnis der Multiplikation kann mit Punktmengen trainiert werden (S. 86); das Gleiche gilt für die Division (S. 86-87), die Multiplikation sollte als vereinfachte Addition gelernt werden: 4+4+4=3●4 (vgl. auch die Abbildungen).
Verteilung auf 3 Schalen
Die Bilder zeigen die Darstellung der Multiplikation 3×5 und die Umkehrung, also die Division, als Punktmengen.
Ein besonders wichtiger Aspekt ist die Bedeutung des Gleichheitszeichens– gerade in Hinsicht auf den weiterführenden Mathematikunterricht.
Folgendes ist falsch: 3+4+5=3+4=7+5=12
Diese Rechenkette beinhaltet die Gleichung 3+4=12; was falsch ist.
Bei einem Gleichheitszeichen muss auf beiden Seiten der Gleichung gleich viel stehen. Man kann Gleichungen nur ändern, indem man auf beiden Seiten das Gleiche tut. Sonst erhält man eine Ungleichung (eine Waage mit unterschiedlichem Gewicht auf den Waagschalen).
Zentral sind auch die Behandlung der Rechengesetze, z.B. das Kommutativgesetz (=Vertauschungsgesetz). Es gilt allerdings nicht für die Subtraktion und Division. Es gilt also: 3+7=7+3 und 7●3= 3●7; aber nicht: 7 – 3= 3 – 7 bzw. 7: 3= 3: 7.
Die Anwendung der Rechengesetze birgt viele Vorteile, da dadurch z.B. beim kleinen Ein-mal-Eins die Aufgaben halbiert werden.
Dann gibt es noch das Assoziativgesetz (=Verbindungsgesetz) und die Verwendung von Klammern mit der Vorrangregel, dass der Klammerinhalt zuerst zu rechnen ist.
Es gilt: (4+3) + 5= 4 + (3 +5) bzw. (4●3)●5) = 4●(3●5). Für die Subtraktion und Division gilt nichts Entsprechendes.
Schließlich folgt das Distributivgesetz (=Verteilungsgesetz) der Multiplikation bezüglich der Addition.
z.B. 2●(3+4)= 2●3 + 2●4=(3+4)●2
Es gilt auch für die Division, wenn die Summe links steht:
z.B. (18+12):6=18:6 + 12:6
Dieses Verteilungsgesetz, wendet man intuitiv an, wenn man Aufgaben des großen
Ein-mal-Eins rechnet: z.B. 7●29= 7●20+7●9=140+63=203.
Daher ist dieses Gesetz so wichtig.
Schlussendlich wird die Grundschulmathematik mit der Behandlung der schriftlichen Rechenverfahren beendet.
Zuvor sollten die halbschriftlichen Methoden als Vorstufe intensiv geübt und trainiert werden. Dabei müssen alle vier Rechenarten berücksichtigt werden. Das halbschriftliche Rechnen kann mit einem Zahlenstrahl gut veranschaulicht werden.
Es folgt ein kurzer Überblick über die Rechenarten:
A) Addition und Subtraktion
Dabei wird der 2. Summand oder der Subtrahend in Zehner und Einer zerlegt.
z.B. 32 +15 führt zu 32+10+5=42+5=47 oder 32 – 15 führt zu 32 −10 −5=22 – 5=17.
Beim Zahlenstrahl können die einzelnen Rechenschritte mit Bögen markiert werden.
B) Multiplikation und Division
Letzlich gilt hier das gleiche Prinzip, bei der Multiplikation wird der zweistellige Faktor in Zehner und Einer zerlegt wie auch bei der Division der zweistellige Dividend. Auch hier ist eine Veranschaulichung am Zahlenstrahl möglich.
z.B. 7●28= 7●20+7●8=140+56=196
oder z.B. 84: 7= 70:7 + 14:7=10+2=12
Zur Vorbereitung ist die Division von Zehnerzahlen zu üben.
Nun erfolgt der Übergang zu den schriftlichen Verfahren, der Beginn ist jeweils mit zweistelligen Zahlen. Aufgrund der Vielfalt der Methoden und Sprechweisen sollte bei einem Nachhilfe- und/oder Förderverhältnis unbedingt die Vorgehensweise besprochen werden. Bei der schriftlichen Subtraktion sollte das Ergänzungsverfahren und die Erweiterungstechnik favorisiert werden, d.h. bei Rechnungen mit Übertrag ergänzt man von unten nach oben bei der jeweiligen Stelle. Muss man von der 5 bis zur 2 ergänzen, erweitert man auf 12 und schreibt einen Übertrag an die nächste Stelle usw. Dabei wird das Gesetz von der Konstanz der Differenz angewendet, d.h. die gesuchte Differenz ändert sich nicht, wenn die Einer um 10 und die Zehner um 1 erweitert werden. Ggf. können diese Methoden mit Geldscheinen und Münzen veranschaulicht werden. Anschließend erfolgt sukzessive eine Erweiterung des Zahlenraums.
Bei der Multiplikation erfolgt eine schrittweise Heranführung an die Methode und Sprechweise beim schriftlichen Rechnen. Beginnend mit der Multiplikation mehrstelliger Zahlen mit 10 und mit einstelligen Zahlen, die ohne Übertrag zu lösen sind… usw.
Als letzter Schritt erfolgt die schriftliche Division, es empfiehlt sich die Schreibweise mit Rest. Dabei sollten halbschriftliche Methoden immer wieder zur Unterstützung und Probe herangezogen werden, da die Zerlegungen mehrstelliger Zahlen sehr hilfreich sind. Das Erlernen der Rundung von Zahlen und Überschlagsrechnungen unterstützen die Kontrolle von Rechnungen und damit diese wichtigen Denkschritte der Grundschulmathematik.
Anmerkung der Verfasserin des Artikels: Auch die Kenntnis der Fachbegriffe zu den Grundrechenarten ist zu empfehlen, da es immer besser ist, die Zahlen in ihrer Funktion benennen zu können.
weitere Anmerkung:
Bei jeder Erweiterung des Zahlenraums (bzw. bei der Einführung der Variablen und Terme) in den weiterführenden Schulen, sei es mit Brüchen, sei es mit Dezimalzahlen, sei es mit negativen Zahlen, sei es mit Termen und Variablen sind diese wichtigen Zusammenhänge erneut abzusichern.
Werden die vier Grundrechenarten im neuen Zahlenraum automatisiert beherrscht?
Erfolgt eine automatisierte Anwendung des Eins-plus-Eins und Ein-mal-Eins in Zusammenhang mit den neuen Objekten?
Werden die Stellenwerte beachtet?
Werden die Rechengesetze sicher angewendet? Welche Vorteile bieten die Rechengesetze?
Wird das Gleichheitszeichen korrekt verwendet?